Überblick und Einblick in Festtraditionen
Ein Nachschlagewerk, das exemplarisch persönliche Festerfahrungen zu Wort kommen lässt
Wagemann, Gertrud (2014): Feste der Religionen – Begegnungen der Kulturen, München.
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Feste verschiedener Religionen im Jahreszyklus
Das Werk stellt zahlreiche Feste bekannter und weniger bekannter Religionen vor. Vertreten sind neben den Feiertagen der verbreitetsten Religion auch Feste von kleineren Glaubensgemeinschaften wie der Jesiden, der Aleviten, der Baha’i und der Sikhs. Eingang finden überdies Feste von Stammesreligionen, so zum Beispiel das berberische Neujahrsfest, der Gedenktag für die Landesväter in Vietnam oder die Wasserfestzeremonie in Peru.
In der Einführung wird ein Kurzabriss zur Kalenderrechnung und zum Festkalender verschiedener Religionen gegeben. Anhand einer Erzählung der Inuit werden ausserdem Merkmale einer Festkultur erläutert. Die nachfolgenden Kapitel widmen sich jeweils einer Religion. In einem kurzen Informationstext werden die zentralen Glaubensinhalte dargelegt und wichtige Feiertage im Jahreszyklus beschrieben. Dabei werden immer auch die historischen Hintergründe ausgeführt. Bereichert werden die Texte da und dort mit Gedichten und Legenden. Bilder, Lieder und Rezepte veranschaulichen, wie vielfältig sich festlich-religiöse Praxis präsentiert.
Persönliche Festerfahrungen
Gertrud Wagemann lässt immer wieder einzelne Stimmen zu Festtraditionen aus der Bevölkerung zu Wort kommen. Damit zeigt sie, wie das Zelebrieren religiöser Feste individuell erfahren wird. So erzählt ein deutscher Journalist, wie er Weihnachten nach seiner Übersiedelung nach Palästina wahrnimmt und feiert. Ein 8-jähriges Kind spricht über seine Erlebnisse mit dem Weihnachtsmann. Eine Muslima berichtet, was ihr beim Fastenbrechen während des Ramadan wichtig ist. Die Autorin beschreibt, wie aus dem persönlichen Besuch eines Fastenbrechen-Essen ein interreligiöser Dialog hervorgegangen ist. Ein jüdischer Historiker und Autor erinnert sich, wie im Konzentrationslager an Chanukka diverse spärliche Utensilien zu einem Leuchter umfunktioniert wurden.
Ferner wird auf verschiedene lokal verankerte Besonderheiten von Festtraditionen eingegangen. So erfahren wir beispielsweise mehr über Weihnachtsbräuche in Italien und England, Ostern in Bosnien und Griechenland oder das buddhistische Neujahrsfest in Vietnam und China. Den Abschluss des Buches bildet ein Gedicht über ein kleines Fest, das jederzeit im Alltag und ohne Vorbereitung durchgeführt werden kann und eine unermessliche Wirkung zu erzeugen vermag: Ein Lächeln.
Auf der letzten Doppelseite enthält das Buch eine Übersicht zu den verschiedenen Gedenk- und Feiertagen in Form eines interkulturellen Kalenders. Ein Kalender für das kommende Jahr lässt sich jeweils im Spätherbst nachbestellen.
Nachschlagewerk der besonderen Art
Das Buch von Gertrud Wagemann ist handlich und bietet eine gute Übersicht zu verschiedenen Festtraditionen. Die Doppelseiten wirken nie überladen und die Texte sind durch die ansprechende Gestaltung, die verständliche Sprache und den angemessenen Umfang leicht lesbar. Im Unterricht lässt sich das Buch als Nachschlagewerk teilweise bereits ab der Mittelstufe einsetzen.
Dass im Buch persönliche Erlebnisse und Einschätzungen von Menschen zu Wort kommen, unterscheidet es von anderen Werken ähnlicher Art. Auf diese Weise wird eine Verbindung von der reinen Informations-Ebene zum erlebten Alltag und damit zur konkreten Verankerung von Festtraditionen in der Bevölkerung geschaffen. Fest- und Feiertage werden somit greifbar und erhalten ein individuell geprägtes Gesicht.