Philosophierpraxis


image_pdfpdf-Dokument erstellen

Philosophierpraxis

Vom Umgang mit Fragen

Das Staunen und das Fragen sind zwei wesenhafte Fähigkeiten des Menschen. In einem Unterricht, der vor allem aus vorprogrammiertem Antwort-Wissen besteht, bleibt diese Grundkompetenz des Fragens und Staunens als zeitraubende «Störung» auf der Strecke. Um dieser Tendenz entgegenzuwirken, will dieser Beitrag Lehrpersonen vor allem auf ihre eigene Fragenkompetenz ansprechen und sie durch die praxisnahe Darlegung eines Frageninstrumentariums zu einer philosophierenden Unterrichtssequenz anregen.
Von Heinz Hubacher

1. Voraussetzungen zum Philosophieren: Sich wundern und sich fragen – zwei Impulstexte

«Denn was ist der Mensch, wenn nicht das fragende Tier, das jenseits jeder denkbaren Antwort niemals aufhört zu fragen? So gibt es also Fragen, auf die sich befriedigende Antworten finden. Sie fallen in die Zuständigkeit der Wissenschaft. Bei anderen halten wir es für unmöglich, dass sie jemals völlig gelöst werden. Auf diese – nie endgültig – zu antworten ist die Beschäftigung der Philosophie. […] Macht es also zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch Sinn zu philosophieren, wo alle Welt nur noch unmittelbare und vorgefertigte Lösungen zu verlangen scheint und Fragen, die sich auf Unlösbares richten, unbequem geworden sind? Stellen wir die Frage anders: Hat nicht Bildung – auch Schulbildung – zu allererst einen humanisierenden Sinn? Und gibt es etwas Menschlicheres – etwas Notwendigeres – als jene Unruhe, die seit so vielen Jahrhunderten Menschen zur Philosophie drängt? Sollen wir auf die humanisierende Kraft der Philosophie verzichten, auf ihr befreiendes und antidogmatisches Potenzial, das die demokratische Gesellschaft benötigt, in der wir leben wollen? Die Frage beantwortet sich von selbst. Doch wie kann man sich heute der Philosophie, oder besser: dem Philosophieren, nähern? Wie kann man gerade junge Menschen zum Philosophieren einladen? Und wo sollen wir beginnen?»[1]

«Kleine Frage:
Glaubst du
du bist noch zu klein
um grosse Fragen zu stellen?
Dann kriegen die Grossen
dich klein
noch bevor du gross genug bist.»[2]

2. Fragen macht menschlich

Fragen bilden sich in der Regel durch Begegnungen mit Situationen und Phänomenen, die uns ganz oder zum Teil unbekannt und fremd, also irgendwie «anders» sind. Sie irritieren, machen neugierig, versetzen in Staunen; oder vielleicht erschrecken sie, machen Angst, lassen Zweifel aufkommen etc. Da wir grundsätzlich begrenzte Wesen sind, gehören solche Begegnungen zum Alltag: Wir sind fragende Wesen, für die letztlich alles fragwürdig resp. einer Frage würdig werden kann.

Fragen stellen sich uns und sie zwingen uns, sich ihnen zu stellen. Meistens stellen wir sie zunächst uns selbst, werden nachdenklich, überlegen Möglichkeiten, Gründe, etc. Dann stellen wir sie anderen, einem Gegenüber, einer Fachperson, jemandem mit Erfahrung, einem Lexikon, Google, einem unsichtbaren göttlichen Sinnstifter, dem Sternenhimmel, oder einer Gebrauchsanleitung …

Fragen zielen auf mehr Sicherheit, Gewissheit, Übersicht, Orientierung, besseres Handeln. Wer eine Frage stellt, will eine Antwort, und die erhoffte Antwort macht den Sinn der Fragestellung aus.

Was eine fragende Person jedoch nicht sucht: Ungefragte, unerfragte und unhinterfragte «Antworten», die als Schlagworte, Parolen oder gar als frei erfundene Behauptungen Menschen en masse zum Nachlaufen bringen können.

3. Fragend zur Welt kommen

Lehrperson: Wie heisst der höchste Berg der Schweiz, Kurt?

Kurt: Ich löse keine Kreuzworträtsel.

Lehrperson: Das ist keine Antwort auf meine Frage.

Kurt: Doch, denn Sie haben mir die erste Frage nicht gestellt.

Lehrperson (irritiert): Ja und die wäre?

Lehrperson: Zum Beispiel, ob es mich überhaupt interessiert, wie der höchste Berg der Schweiz heisst. Oder wenigstens eine Begründung dazu, wozu dieses Wissen gut sein könnte. – Eben etwa, weil es für das Lösen von Kreuzworträtseln hilfreich sein könnte.

Dieses «freche» Gespräch hat wohl so nie stattgefunden, aber es sagt dafür umso mehr über den Charakter von sogenannt «typischen Fragen von Lehrerinnen und Lehrern» aus, die nur auf Wissen und nicht auf Bildung abzielen.

Da Pädagoginnen und Pädagogen ja für das Lernen ihrer Schülerinnen und Schüler mitverantwortlich sind und sie diese in der Regel in ihrer aktuellen Welt abholen möchten, ist die Pflege eines guten Frageninstrumentariums meiner Meinung nach für sie unabdingbar. Der erste Schritt dazu scheint mir immer wieder die Selbstbefragung:

  • Was macht mir Lust am Unterrichten?
  • Weshalb interessieren mich meine Schülerinnen und Schüler?
  • Was möchte ich ihnen vor allem «mit auf den Weg geben»?
  • Wie kommt das, was die Schülerinnen und Schüler vor allem beschäftigt, in meinem Unterricht vor?
  • Wie können ihre Fragen zu meinen eigenen Fragen werden?
  • Wie kann ich die Schülerinnen und Schüler auf wesentliche Welt- und Lebensthemen ansprechen, so dass sie «gwundrig» werden, damit die Fragen, die ich an sie richte, zu ihren eigenen Fragen werden?

4. Fragenarten erkennen

Wer philosophiert, will hinter die Dinge schauen, gibt sich nicht zufrieden mit dem, was «man» sagt, was immer schon so gemacht und gedacht wurde, was man halt nicht ändern kann, etc. Um schneller zur «Sache» zu kommen, haben deshalb Denkerinnen und Denker durch die Menschheitsgeschichte hindurch eine «Werkzeugkiste» von Fragenarten entwickelt, welche die wichtigsten Anliegen beim Erforschen von Denk- und Lebenswelten erfassen.

Um ein differenzierteres Frageinstrumentarium aufzubauen, kann es für philosophierende oder theologisierende Lehrpersonen deshalb sinnvoll sein, Kenntnis zu haben von den verschiedenen Fragenarten in Philosophie und Theologie, die sich beim Erfragen von «Gott und der Welt» gegenseitig ergänzen können[3]:

Phänomenologie

Das phänomenologische[4] Anliegen: Die Dinge resp. Erfahrungen nicht wertend betrachten, sondern genau hinschauen. Fragebeispiele: Was ist das? Was geschieht da?

Hermeneutik

Das hermeneutische[5] Anliegen: Jemanden, eine Situation, einen Text oder eine Sache besser verstehen, hinter Aussagen und Phänomene schauen, um Entstehung und Hintergründe besser nachvollziehen zu können. Fragebeispiele: Was fühlen resp. denken andere? Wie ist etwas gemeint? Wie kam es dazu?

Analytik

Das analytische[6] Anliegen: Einem Begriff, einer Aussage oder einer Sache auf den Grund gehen, sie «sezieren», von den inneren Zusammenhängen und Strukturen her erfassen. Fragebeispiele: Wer sagt das? Woher kommt das? Was genau heisst das? Was steckt dahinter?

Dialektik

Das dialektische[7] Anliegen: Einen fairen Diskurs bei unterschiedlichen Wertungen, Meinungen, etc. führen können. Fragebeispiele: Was spricht dafür, was dagegen? Welches ist das bessere Argument?

Spekulation

Das spekulative[8] Anliegen: Sich verschiedene Lösungs- resp. Zukunftsvarianten ausdenken, «Ungedachtes» ausphantasieren. Fragebeispiele: Könnte etwas auch anders sein, anders ausgehen? Welche Varianten sind denkbar? Was wäre, wenn …?

5. Umgang mit den Frageninhalten

Instrumente machen – genau wie Kompetenzen – nur dann Sinn, wenn mit ihnen das, woraufhin sie entwickelt wurden, bearbeitet und erarbeitet werden kann. Deshalb wird auch ein philosophisches Frageninstrumentarium erst dann brauchbar, wenn die zu befragenden Themen vorhanden sind.

Alle echten Fragen, d. h. aus Neugierde, aus innerer Wissensnot vorgetragene Fragen, sind für die Fragenden im Augenblick wichtig. Erst die Angesprochenen urteilen dann mit ihrer Reaktion über die Bedeutsamkeit einer Frage: Erst dann wird sie zu einer guten, klugen, interessanten, oder zu einer dummen, falschen, unpassenden etc. Frage.

Wir können davon ausgehen, dass keine der folgenden Fragen von Schülerinnen oder Schülern grundlos gestellt wird:

  • Warum bin ich da?
  • Träumen Schnecken auch?
  • Warum muss ich zur Schule?
  • Gibt es einen Himmel für Hamster?
  • Darf ich auf’s WC?
  • Was wäre, wenn die Sonne nicht mehr aufgehen würde?
  • Warum quietschen Kreiden?
  • Darf man auch mit Farben schreiben?

Alle diese Fragen haben in der fragenden Person einen existenziellen Auslöser: Ein Erschrecken übers Da-Sein, eine beobachtete Schnecke im Häuschen, eine erhaltene schlechte Note, den Tod des eigenen Hamsters, dringender Darmdrang, das Erlebnis der aufgehenden Sonne, ein Kreideton, das Bedürfnis «es nicht falsch zu machen».

Jedes Schulzimmer ist voll von potentiellen Fragen, ein unsichtbares Fragenchaos, das zu grossen Teilen unausgesprochen bleibt. Der Umgang mit der verbleibenden Brandung von Fragen fordert Lehrpersonen, die sowohl Schülerinnen und Schüler als auch deren Fragen ernst nehmen möchten, dazu heraus, Fragen jederzeit gewichten und entsprechend bearbeiten zu können. Da es sich jedoch um Fragen von Schülerinnen und Schülern handelt, sollte dieser Prozess idealerweise mit ihnen gemeinsam stattfinden: Die philosophierende Klasse sortiert ihre Fragen gemeinsam nach ihrer mutmasslicher Beantwortbarkeit! In diesem Prozess wird intensiv gelernt: z. B. das Ausleuchten der Grenze des Beantwortbaren, das Erkennen von Weltzusammenhängen und Bedeutsamkeiten oder die Kenntnis von hilfreichen Antwortadressen.

6. Unterrichtssequenz «Fragen auf der Spur»

Schritt 1: Fragen notieren

Die Schülerinnen und Schüler werden aufgefordert, Fragen, die sie beschäftigen, auf Zettel aufzuschreiben (evtl. auch als Wochen-Hausaufgabe).

Schritt 2: Fragen sortieren

Während einer Lektion werden die Fragen auf dem Boden ausgebreitet und nach den folgenden Fragenkategorien sortiert[9]:

a. kleine oder peripherale[10] Fragen: Hier geht es um Fragen, die sich auf der allgemein zugänglichen Wissensoberfläche bewegen: Sicher beantwortbare Fragen, deren dazugehörige Antwort irgendwo vorhanden ist, sei es – bei genauerem Überlegen – im eigenen Kopf oder in den Köpfen von Lehrerinnen, Schulkollegen, Eltern, Fachleuten, sei es in Fach- und Sachbüchern, auf Internetseiten, etc. In den meisten Antworten auf kleine Fragen verbergen sich jedoch oft weitergehende Fragen, die bald «grösser» werden, z. B.: «Wie spät ist es?» als Frage in Bezug auf Jetztzeit, oder: Weltzeit? oder «Wer bist du?» als Frage nach Identitätskarte, oder: nach Selbstwahrnehmung? oder «Wo kommt der Hase in der Ostergeschichte vor?» als Frage nach google-Informationen, oder: nach eigenen Kindheitserinnerungen?

b. grosse oder sensationale[11] Fragen: Hier geht es um Fragen, die Schülerinnen und Schüler in ihrer Denk- und Gefühlswelt bewegen. Sie kommen aus dem Sich-Wundern, dem Bedürfnis nach Klärung von Erahntem und Unverbundenem, der Suche nach Aufschlüsselung von (Sinn-) Gehalten hinter vorgefundenen Weltphänomenen. Hinter diesen Schlüsselfragen im (Sach- oder NMG-) Unterricht liegt das didaktische Anliegen der Bildung von Wissen, das sich in den Kindern «einwurzeln» kann resp. nachhaltige Bedeutung erlangen soll. Dies ist der Bereich der «guten» Unterrichtsfragen, die umtreiben, die Interesse wecken am Vermuten und Nachforschen nach dem, was hinter dem Vorfindlichen steckt.

c. ganz grosse oder existentiale[12] Fragen: Hier geht es um Fragen, die unseren menschlichen Antworthorizont übersteigen resp. uns «zu nahe» ist, da sie die Existenz des Fragenden selbst betreffen und uns deshalb ihnen gegenüber die nötige objektivierende Antwortdistanz fehlt. Diese «ganz grossen Fragen» sind eigentlich sinnlose Fragen, weil wir schon zum Vornherein um die Unmöglichkeit einer letztgültigen Beantwortung wissen. Gleichzeitig sind es die Fragen, die uns ein Leben lang beschäftigen, weil es darin ums Ganze geht, d. h. um unser ganzes Dasein in dieser so rätselvollen «Welt», wie z. B.:

  • Wer oder was bin ich und wer sind die andern Menschen?
  • Weshalb und wozu sind ich und die andern da?
  • Was ist vor der Geburt und nach dem Tod?
  • Wie wollen wir miteinander leben?

Hier sind wir im Bereich der eigentlich philosophischen Fragen angelangt.

Schritt 3: Fragen untersuchen

Die Klasse versucht sich nach einem spannenden Diskurs in kleineren Gruppen auf eine Aufteilung ihrer Fragen zu einigen. Anschliessend werden die «kleinen» und «grossen» Fragen an Einzelne oder Gruppen aufgeteilt, die an ihnen interessiert sind. Sie werden diesen Fragen nachgehen und die Klasse zu einem vereinbarten Zeitpunkt und in sinnvoller Form informieren.

Schritt 4: Fragen aufsparen

Die ganze Klasse schart sich zum Schluss um die übrig gebliebenen «ganz grossen» Fragen und entscheidet sich – wenn möglich einstimmig – für eine Frage, die als nächstes im Klassenphilosophieren angegangen werden soll.

7. Sortieretüde

Welchen der drei Kategorien würden Sie die folgenden Fragen zuordnen?

zum Thema «Fragen»

Was wäre, wenn es keine Fragen gäbe? Warum gibt es Fragen, die man nie beantworten kann? Wissen Menschen, die viel fragen, mehr als Menschen, die wenig fragen?

zum Thema «Der Himmel der Natur» und «der Himmel nach dem Sterben»

Wo ist der Himmel? Wo fängt der Himmel an und wo hört er auf? Gehört die Luft schon zum Himmel, sind wir also eigentlich im Himmel? Ist das Weltall im Himmel, oder ist der Himmel im Weltall? Wie gross ist das Weltall? Wieso gibt es den Himmel? Lebt der Himmel? Leben die Menschen, wenn sie tot sind, im Himmel weiter?

Was sind Sterne? Warum sieht man die Sterne nicht, wenn man am Tag durch den Himmel fliegt? Wieso schweben wir, wenn wir mit dem Fallschirm vom Flugzeug herunterspringen? Wie hoch in den Himmel können die Vögel fliegen? Warum ist der Himmel von der Erde aus blau und vom Flugzeug aus durchsichtig? Was sind eigentlich die Wolken? Weshalb dreht sich die Erde nicht schneller? Weshalb schwebt die Erde nicht im Weltall umher?

zum Thema «Unendlichkeit und Zeit»

Wann und wieso ist das Wort «unendlich» entstanden? Sagen wir unendlich, weil wir zu faul zum Zählen sind? Ist die Welt unendlich? Sie ist doch irgendwo zu Ende? Was heisst «zu Ende»? Wie wissen wir, dass etwas unendlich ist? Ist ein Kreis unendlich?

Was heisst «unendlich klein»? Ist unendlich klein nichts? Was ist nichts? Warum hat das Nichts einen Namen? Dann das Nichts ist ja trotzdem nicht nichts: Was ist das Nichts dann? Ist im Weltall nichts? Ist das Nichts unendlich?

Gibt es ohne Zeit noch Menschen? Gibt es ohne Menschen Zeit? Wie entsteht Zeit? Was ist Zeit überhaupt? Wieso hat ein Tag 24 Stunden? Wie wissen wir, dass die Zeit richtig eingestellt ist? Wie wissen die Vögel, wann Frühling ist, wenn sie in Afrika sind?

zum Thema «Leben und Tod»

Was ist eigentlich schön im Leben? Lebt man schön, wenn man reich ist? Ist der Tod schön? Lebt die Erde? Was wäre, wenn wir immer weiterleben würden? Macht alles Leben gleich viel Sinn?

Warum bin ich nicht ein Tier oder eine Pflanze? Weshalb bin ich ein Mensch? Weshalb gibt es mich? Weshalb bin ich hier? Wer hat uns gesagt, dass wir so aussehen? Wieso kann man denken?

Warum gibt es das Alter? Warum gibt es Bakterien, die einen krank machen? Weshalb stirbt man? Warum tötet man sich selbst? Merkt man, wenn man stirbt? Wie fühlt man sich, wenn man tot ist? Was bedeutet eigentlich «tot»? Ist «Tod» und «tot» das Gleiche?

Was ist nach dem Tod? Wieso legt man die Menschen in einen Sarg? Wenn ich in meinem Leben Angst vor dem Verbrennen habe, habe ich es nach dem Tod beim Kremieren auch noch?

Vielleicht ist Sterben wie Schlafen? Vielleicht gibt es ein anderes Land hinter den Sternen? Sieht man, wenn man gestorben ist, vom Himmel auf die Erde? Vielleicht lebte ich schon einmal, bin gestorben und dann wieder auf die Welt gekommen? Vielleicht treffen wir uns nach dem Tod und sehen unsere Freunde und unsere Familie wieder?

zum Thema «Freiheit und Grenzen»

Heisst «frei» für alle das Gleiche? Gibt es verschiedene Freiheiten? Hat Freiheit mit Willen zu tun? Gibt es erzwungene Freiheiten? Warum gibt es andere Sprachen und Länder?

Warum dürfen wir nicht alles machen? Warum kann nicht alles so sein, wie wir es wollen? Wo hört die Freiheit auf?

Ist Sicherheit die Voraussetzung von Freiheit? Ist Freiheit und Sicherheit fast das Gleiche? Was ist das Gegenteil von Freiheit und Sicherheit?

Bestimme ich über mich selbst? Wer bestimmt, was wir dürfen und was nicht? Warum können Menschen über andere bestimmen? Warum wollen Politiker, dass es nicht allen Menschen gleich gut geht? Wer weiss, was Freiheit wirklich ist?

Bestimmt man, wenn man erwachsen ist, mehr, als wenn man Kind ist? Warum bestimmen die Eltern über die Kinder? Wissen die Eltern immer, was für ihr Kind gut ist?

… und: Warum hält die Katze bei Rot nicht an?

 

Anmerkungen

[1] aus: Fernando Savater (2002): Die Fragen des Lebens. Fernando Savater lädt ein in die Welt der Philosophie, Frankfurt a. M., S. 19 und 22f.
[2] Erich Fried (1993): Gesammelte Werke. Gedichte 2, Berlin, S. 522.
[3] Die Anordnung dieser fünf Arten des Fragens ist Ekkehard Martens abgeschaut, der die «Fünf-Finger-Methode» entwickelt hat. Dazu gibt es eine übersichtliche Unterrichtshilfe für Basis- und Unterstufe: Eva Marsal (Hrsg.) (2014–2015): Ethik entdecken mit Philo. Lehrmittel für den Philosophie- und Ethikunterricht in der Grundschule, für die Jahrgangsstufen 1/2 und 3/4, je Schülerbuch und Lehrerhandreichung, Bamberg.
[4] Phänomen (griech.): das Erscheinende, das Wahrgenommene. Logos (griech.): Wort, Rede, Lehre. Der phänomenologische Ansatz macht mit der Erkenntnis ernst, dass wir nie genau wissen werden, was etwas, das wir wahrnehmen, ohne uns als Betrachter ist. Ein Phänomenologe wird nie sagen «Dies ist so», sondern höchstens: «Aufgrund meiner begrenzten Wahrnehmung scheint mir dies so zu sein».
[5] Hermeneutik (griech.): Die Kunst resp. die wissenschaftliche Methode der Auslegung, der Rekonstruktion eines Sinnzusammenhanges, des Deutens von Aussagen von Texten und Menschen.
[6] Analyse (griech.): Auflösung eines Zusammenhanges in seine Bestandteile.
[7] Dialektik (griech.): Kunst der Unterredung, der Beweisführung, die sich um den Nachweis und die Überwindung von Widersprüchen im Denken und Sein bemüht.
[8] Spekulation (lat.): «Ausspähung», Nachdenken über Unüberprüfbares oder Zukünftiges.
[9] Angeregt durch: Eva Zoller (2010): Selber denken macht schlau, Bern, S. 17ff.
[10] «peripheral» (griech.): aussen, am Rande, an der Oberfläche.
[11] «sensational» leitet sich ab von sensus (lat.): 1) Gefühl, Empfindung, Wahrnehmung; 2) Denkkraft, Urteil, Sinngehalt, Idee, Meinung; 3) Gesinnung – in Abgrenzung zu «sensationell» als Adjektiv von «Sensation»: «aufsehenerregendes Ereignis».
[12] «existential» bedeutet: das menschliche Da-Sein betreffend («existentiell» ist mehr auf die persönliche Befindlichkeit bezogen). vgl. exsistere (lat.): hervortreten, sich zeigen, werden, vorhanden sein; exsistentia (lat.): Dasein – im Gegensatz zum Sosein, lat.: essentia.
Artikelnachweis
Hubacher, Heinz (2017): Philosophierpraxis. Vom Umgang mit Fragen, in: erg.ch – Materialien zum Fach Ethik, Religionen, Gemeinschaft (Online-Publikation), www.ethik-religionen-gemeinschaft.ch/hubacher-philosophierpraxis/

Über Heinz Hubacher

Heinz Hubacher, Primarlehrer und Theologe, war bis 2014 Dozent für Ethik, Religionswissenschaften, Philosophieren mit Kindern und Theaterprojekte am Institut Vorschulstufe und Primarstufe der Pädagogischen Hochschule PHBern.