Schauplatz Ethik. Wahrnehmen – fragen – begründen, Band 3|4


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Schauplatz Ethik. Wahrnehmen – fragen – begründen, Band 3|4

Ein neues Lehrmittel für den Ethikunterricht gemäss Lehrplan 21

Schauplatz Ethik. Wahrnehmen – fragen – begründen, Band 3|4, Lehrmittel für die 3./4. Klasse, mit digitalem Kommentar und Klassenmaterial, Zürich 2020.
Von Jonas Pfister

Wer bislang deutschsprachige Materialien zum Philosophieren mit Kindern für den Zyklus 2 einsetzen wollte, musste sich hauptsächlich auf Schulbücher aus Deutschland stützen.[1] Nun gibt es auch ein deutschsprachiges Schulbuch aus der Schweiz, das für die Schweiz entwickelt wurde. Der Lehrmittelverlag Zürich legt in Koordination mit der interkantonalen Lehrmittelzentrale ein neues, auf die ganze obligatorische Schulzeit angelegtes Ethik-Lehrmittel vor, den «Schauplatz Ethik». Es ist in vier Bänden auf die ganze obligatorische Schulzeit angelegt. Was bietet es? Erfüllt es die Anforderungen an ein modernes Schulbuch für den Ethikunterricht? Was sind die Vorzüge, und allenfalls auch, was sind die Schwächen?

Zunächst soll der «Schauplatz Ethik» allgemein kurz vorgestellt werden. Danach liegt der Fokus auf dem Band für die 3./4. Klasse (2. Zyklus).

Allgemeines zu «Schauplatz Ethik»

Als Erstes fällt auf: Es ist ein schönes Buch! Ein Umschlag, auf dem sanft gezeichnete Bilder von Menschen und anderen Lebewesen zu sehen sind. Im Innern bietet ein grosszügiges Layout mit Bildern und kurzen Texten viel Raum für eigenes Denken.

Als Zweites fällt auf: Das Buch enthält jeweils als Kapiteleinstieg ein doppelseitiges Wimmelbild. Und da zeigt sich bereits das Konzept des «Schauplatzes»: Die Schauplatz-Wimmelbilder zeigen Dinge, auf die sich unser Blick richtet. Die Dinge sind in dem Fall Situationen, mehr oder weniger alltäglich, in denen wir uns als Menschen befinden können, insbesondere die Kinder und Jugendlichen. In den Wimmelbildern gibt es zunächst natürlich einiges zu entdecken. Sie bieten damit einen geeigneten Ausgangspunkt dafür, die Wahrnehmung zu schärfen und verbunden mit der Aufgabe, etwas genau zu beschreiben, auch dafür, die sprachliche Ausdrucksfähigkeit zu üben und weiterzuentwickeln. Daran schliessen sich fast wie von selbst Fragen an, die sich auf das richten mögen, was diese Menschen gerade tun, aus welchem Grund und mit welchem Ziel sie es tun, aber auch Fragen, die darüber hinaus ins Grundlegende und damit das Philosophische vordringen.

Nach der Doppelseite mit dem Wimmelbild folgt eine Doppelseite mit weiterführenden und zum Philosophieren anregenden Fragen. Unter «Philosophieren» wird hier eine «kulturelle Praxis des gemeinsamen und gründlichen Nachdenkens verstanden».[2] Man könnte ergänzen: es ist ein Nachdenken über Grundlegendes. Denn das ist, was letztlich Philosophieren ist, eine argumentative und begriffliche Auseinandersetzung mit den Grundlagen unseres Verständnisses von uns selbst und der Welt.

In erster Linie soll es beim «Schauplatz Ethik» um die Frage gehen: Was ist ein gutes Leben und wie kann man ein solches führen? Diese Frage hängt natürlich eng mit der ebenfalls zum Bereich der Ethik gehörenden und im Schulbuch behandelten Frage zusammen, wie wir mit anderen Menschen und anderen Lebewesen umgehen sollen. Und natürlich hängt sie auch mit weiteren philosophischen Fragen zusammen wie derjenigen, woher wir etwas wissen können, also auch wissen, was gut ist (Erkenntnistheorie), was einen Menschen wesentlich ausmacht (Philosophische Anthropologie) und was es überhaupt gibt (Metaphysik). Bei der Auseinandersetzung mit diesen Fragen geht es nicht darum und ist es auch kein Anliegen von «Schauplatz Ethik», den Schülerinnen und Schülern vorgefertigte Antworten zu geben. Vielmehr sollen sie dazu angeregt werden, Fragen zu stellen, Antworten zu suchen, diese zu begründen, die Begründungen zu prüfen und damit ihr eigenes Denken zu entwickeln. «Schauplatz Ethik» steht somit in der Tradition der Aufklärung, deren Ziel das eigenständige Denken ist. Oder wie Immanuel Kant sagt: Aufklärung ist der «Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit», und unter Unmündigkeit versteht Kant «das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen».[3] Es geht also darum, das Denken zu lernen.

Im Buch finden sich zu jedem Schauplatz mehrere Vertiefungen. Auf diesen Vertiefungsseiten wird weiteres Material angeboten (Bilder, Lehrtexte, Interviews, Zeitungsartikel, Zitate, usw.), mit dem man die mit dem Schauplatzbild aufgeworfenen Themen im Unterricht weiter bearbeiten kann. Zu den Vertiefungen gibt es umfangreiches Arbeitsmaterial, das online angeboten wird. Es lohnt sich, die Online-Lizenz zumindest für ein Jahr zu erwerben, damit man die Materialien anschauen, ausprobieren und danach angepasst auf den eigenen Unterricht weiterentwickeln kann.

In jedem Band gibt es zudem sogenannte «Ateliers», die Schülerinnen und Schülern anregen sollen, ein Thema eigenständig zu bearbeiten. Auf den letzten Seiten schliesslich findet sich der stufengerechte philosophische «Werkzeugkasten», d. h. Formulierungshilfen, um etwas a) zu beschreiben oder b) zu unterscheiden, um etwas c) zu begründen oder d) mit anderen darüber zu diskutieren oder e) sich eine Möglichkeit vorzustellen. In allen Bänden werden die philosophischen Impulsfragen nach diesen fünf Kategorien in farbigen Kästchen markiert.

Der Online-Lehrerband enthält zwei Abschnitte zur Vorbereitung des Philosophierens und zur Durchführung philosophischer Gespräche.[4] Das philosophische Gespräch ist ein wichtiger, wenn nicht der zentrale Teil des Ethikunterrichts. Hier kommt es zu der Auseinandersetzung mit anderen Ansichten, werden Widersprüche aufgedeckt und werden Behauptungen in Frage gestellt, hier werden Argumente ausprobiert, geprüft und allenfalls zurückgewiesen, und hier entstehen im Gedankenaustausch neue Fragen. Die Ausführungen dazu im Online-Lehrerband liefern lediglich eine grobe Charakterisierung eines philosophischen Gesprächs und geben nur einige allgemeine Hinweise zur Durchführung. Hier ist zu beachten, dass das Führen eines philosophischen Gesprächs (bzw. die Leitung eines (neo-) sokratischen Gesprächs[5]) anspruchsvoll ist. Es verlangt sowohl ein grosses Hintergrundwissen zum Thema (zu den Begriffen, Positionen und Argumenten) als auch Kenntnisse und Fähigkeiten der Gesprächsführung.[6] Es ist nicht die Aufgabe eines Lehrmittels, die Grundlagen dafür zu liefern; sie müssen im Rahmen des Studiums und der Ausbildung erarbeitet werden. Wichtig ist allerdings, dass man das im «Schauplatz Ethik» als dritten Schritt – nach dem Wahrnehmen und Fragen – bezeichnete Begründen[7] nicht bloss als Anfügen irgendeines noch so schlechten Grundes sieht, sondern als ein echtes gemeinsames Ringen darum, gute Gründe zu finden, und das heisst auch: schlechte Gründe zu erkennen und als solche aus- und für die Begründung der zur Diskussion stehenden These zurückzuweisen, nicht dadurch, dass man sagt, etwas sei falsch, sondern dass man aufzeigt, dass es falsch ist, so dass es die Schülerinnen und Schüler selber erkennen.

Kinder und Jugendliche verfügen wie Erwachsene bereits über mehr oder weniger differenzierte Werte, die ihnen mehr oder weniger bewusst sind, d. h. «die Moral ist schon da»; und es ist wichtig, dem Wahrnehmen davon, was für einen persönlich auf dem Spiel steht, Raum zu geben, sich bewusst zu machen, auszuformulieren, und sich mit anderen darüber auszutauschen.[8] Ebenso wichtig ist es aber, diese bestehende Moral auch herauszufordern und durch die Auseinandersetzung mit Einwänden weiterzuentwickeln. Denn es ist nicht so, dass wir in unserer Moral immer richtig liegen würden, und es ist auch nicht so, dass es für jede ethische Frage eine eindeutige Antwort gäbe. Vielmehr müssen Kinder und Jugendliche vieles erst lernen, und sie lernen dies in der Auseinandersetzung mit Gleichaltrigen und Erwachsenen – genau deshalb ist der Ethikunterricht auch so wichtig. Und sie müssen auch erkennen, dass sich ethische Fragen nicht einfach so beantworten lassen, sondern dass es darauf ankommt, wie man eine Situation beschreibt und wie man die Frage und die Antwort dazu formuliert. Und es kann sein, dass wir, wenn wir genau geklärt haben, was wir meinen, es dennoch unbestimmt bleibt, was wir nun tun sollen.

Eines der entscheidenden Hilfsmittel für die Weiterentwicklung der eigenen Moral ist sicherlich die Frage, wie man sich fühlen würde, wenn man an der Stelle des anderen wäre. Darüber hinaus bietet die Idee der gegenseitigen Abmachung eine Grundlage, der viele zustimmen würden: Wir halten uns an eine Regel, weil die anderen sich auch daran halten. Beides sind Überlegungen, die auch bereits Kinder nachvollziehen können. Sich es auch tatsächlich zu überlegen, erfordert unter Umständen einen Impuls von aussen, einen Impuls, den unter anderem die Lehrperson geben kann und manchmal geben muss.

Zu den Themen im Band für die 3./4. Klasse

Im Band für die 3./4. Klasse werden sechs Schauplätze mit jeweils drei Vertiefungen vorgestellt. Damit man sich einen Überblick über die Themen machen kann, sind die Schauplätze hier zusammen mit den Stichworten aus dem Online-Lehrerband zu den Vertiefungen in einer Liste zusammengestellt:

1. Sternwarte
  • Staunen
  • Wissen
  • Orientierung
2. Chilbi
  • Spass und Glück
  • Geld und Glück
  • Gefühle
3. Tierheim
  • Umgang mit Tieren
  • Haustiere und Nutztiere
  • Tiere und ihre Gefühle
4. Schulweg
  • zwischenmenschliche Beziehungen
  • Zeit
  • Umgestaltung der Umgebung (Natur und Kultur)
5. Flohmarkt
  • Identität, Zusammenleben, Lebensgestaltung
  • Wert von Gegenständen
6. Quartiertreff
  • Spielen
  • Miteinander in der Freizeit
  • Verstecken

Hinzu kommen ein Atelier zu Lieblingsorten und eines zu Sammeln und Ordnen.

Auf die zahlreichen Bild- und Text-Inhalte und auf die umfangreichen Online-Materialien kann hier nicht im Detail eingegangen werden. Doch zu einzelnen Teilen möchte ich ein paar kritische Kommentare formulieren.

Das Wimmelbild zum Schauplatz «Sternwarte» ist ein ganz ruhiges, fast meditatives, und doch gibt es auch hier einiges zu entdecken und viele Fragen, die sich stellen und über die man philosophieren kann. Das «Staunen» in der ersten Vertiefung ist ein schönes Thema für den Unterricht, und mit den gebotenen Materialien wird man mit den Kindern gut darüber ins Gespräch kommen können. Es geht in der Vertiefung aber auch um die Fragen: Wie ist das Ende des Universums? Was ist unendlich? Der Begriff des Unendlichen ist spannend, doch das Verständnis davon ist anspruchsvoll. Ohne Hilfe werden Kinder ihn nicht erfassen können. Es fehlen im Schülerbuch Hilfestellungen dazu, und auch die Online-Arbeitsmaterialien (AM 8.3) liefern sie nicht, sondern machen die Aufgabe sogar noch anspruchsvoller, indem der Begriff des Unendlichen mit denen des Wissens, Glaubens und Beweisens verbunden wird.

Bei der nächsten Vertiefung zum Begriff des Wissens besteht ein gewisser Unterschied zwischen Schülerbuch und Online-Lehrerband. Während im Schülerbuch ein Astronaut vorgestellt wird – ein Thema, das vermutlich viele Kinder in dem Alter interessiert und geeignet ist, um über die Stellung der Erde im Universum nachzudenken – werden im Lehrerband Fragen wie diese gestellt: Was ist Wissen? Was unterscheidet es von Vermutungen? Was kann man wissen, was nicht? Von diesen wird gesagt, dass sie bereits im Zyklus 1 Thema waren. Doch zumindest in den Schauplätzen werden sie nicht angesprochen. Der Band für die 1./2. Klasse ist vielmehr auf ethische und anthropologische Fragen ausgerichtet, nicht auf erkenntnistheoretische. Wer als Lehrperson in einer 3. Klasse unterrichtet, kann also nicht davon ausgehen, dass solche Fragen bereits Thema waren. Das macht aber auch nichts, denn es ist gut, wenn das Thema nun in der 3. Klasse aufgenommen wird. Es ist ein gutes Alter, um sich erstmals solche Fragen zu stellen. Hilfreich sind hier die Materialien AM 10.1., die von den Schülerinnen und Schülern verlangen, dass sie sich bewusst werden, was sie wissen und was nicht, und wie sicher sie sich dabei sind. Es ist davon auszugehen, dass die Kinder in dem Alter einen absolutistischen Wissensbegriff haben: Entweder man weiss etwas mit Gewissheit oder man weiss es nicht oder man kann es nicht wissen. Für Lehrpersonen ist es hier wichtig, diese Auffassung zu kennen und hier sokratisch vorzugehen.

In der dritten Vertiefung wird zunächst auf die Sterne verwiesen, die eine geographische Orientierung in der Nacht ermöglichen – eine sicherlich interessante Erkenntnis für Kinder, die im Zeitalter von Handy, Online-Landkarten und GPS aufwachsen. Auf der zweiten Vertiefungsseite wird eine Analogie zwischen der geographischen Orientierung und der Orientierung im Leben gezogen. Es wird gesagt, dass «einige glauben», dass man «beachten», müsse, «in welchem Sternzeichen man geboren sei» (Seite 13). Es ist nicht ersichtlich, weshalb an dieser Stelle die Astrologie eingeführt wird, und es fehlen kritische Fragen dazu. Es macht den Anschein, als sollte den Kindern vermittelt werden, als könnte die Astrologie tatsächlich Orientierung im Leben bieten – eine höchst zweifelhafte und jedenfalls zu erläuternde Zielsetzung. Im Online-Lehrerkommentar steht, dass die Astrologie «umstritten» sei. Das stimmt nicht! Vielmehr gilt Astrologie als ein paradigmatisches Beispiel für eine Pseudowissenschaft; ihre Aussagen sind nicht begründet, zum Teil falsch und zum Teil nicht falsifizierbar.

Bei den Vertiefungen des Schauplatz «Chilbi», der mit einem bunten und lauten Wimmelbild beginnt, in dem verschiedenste Interaktionen zwischen Menschen, jung und alt, zu entdecken sind, geht es um Gefühle, Glück und Geld. Besonders schön ist die Nacherzählung zu Astrid Lindgrens Michel, die den Perspektivenwechsel und die Empathiefähigkeit fördert (S. 20), und das Interview mit einer Psychologin, das altersgerecht Wissen über Gefühle vermittelt (S. 23). Schwieriger wird es, wenn es um den abstrakten Begriff des Glücks geht. Hier sollen die Kinder dazu angeleitet werden, «Spass» und «Glück» zu unterscheiden. Doch die Materialien (AM 19.1) fassen «Glück haben» und «glücklich sein» zusammen, obwohl dies zwei verschiedene Begriffe sind. Es ist zu vermuten, dass es für die Schülerinnen und Schüler zu anspruchsvoll ist, sich damit einen kohärenten Glücksbegriff zu erarbeiten. Positive Beispiele dafür, was Glück sein kann, fehlen weitgehend. Der Zusammenhang von Glück und Geld ist ebenfalls spannend, doch wird er hier nur oberflächlich über Spass und Preise behandelt. Hier lohnt es sich für Lehrpersonen, einen Blick in den Band für die 7.–9. Klasse zu werfen, in dem das Thema Glück und materielle Güter noch einmal aufgenommen wird, um sich ein gewisses Hintergrundwissen anzueignen und allenfalls inspirieren zu lassen (siehe «Schauplatz Einkaufszentrum», S. 8–9 und insbesondere Arbeitsblatt AM 8.2).

Der nächste Schauplatz nimmt das für viele Kinder emotional wichtige Thema des richtigen Umgangs mit Tieren auf. Die Vielfalt der Mensch-Tier-Beziehungen kommt im Wimmelbild zum Schauplatz «Tierheim» sehr schön zum Ausdruck, und der Kontrast zwischen einigen von diesen wird sehr gut sichtbar – und bietet natürlich Diskussionsstoff. Besonders gut gelungen ist meines Erachtens in der ersten Vertiefung die Verbindung mit dem methodischen Ziel, die Ausdrucksfähigkeit zu schulen, durch den Abdruck von Beschreibungen von einzelnen Tieren, ein (fiktiver) Zeitungsartikel und Aussagen in Anführungszeichen. Damit kann man mit den Kindern bereits in diesem Alter unterschiedliche Textsorten einführen und das eigene Schreiben üben – damit kann man wunderbar im Unterricht arbeiten! Die Online-Materialien zu der Vertiefung fallen leider eher enttäuschend aus, da sie genau dieses Potential nicht ausnutzen und auch für die philosophische Auseinandersetzung wenig Grundlage bieten.

Hervorragend wiederum die nächste Vertiefung im Buch: Die Vielfalt der Beziehungen zu Tieren wird hier aufgenommen und vertieft. Dass die Massentierhaltung nicht fotografisch, sondern zeichnerisch dargestellt ist, hilft, die Diskussion darüber sachlich zu halten. Ebenfalls sehr gut ist die darauffolgende Vertiefung zur Frage, ob Tiere Gefühle haben können und die Aussagen des Philosophen Markus Wild, die sich wunderbar dazu eignen, eine philosophische Diskussion dazu zu führen.

Das Thema Freundschaft, das bereits im Band zur 1./2. Klasse Thema war («Schauplatz Schulzimmer»), wird in einer Vertiefung im nächsten Schauplatz erneut aufgenommen, nun mit weiteren Aspekten, dem Alter entsprechend. Dazu werden hervorragende Unterrichtsmaterialien geboten. Auch das Thema Zeit war bereits im Band zur 1./2. Klasse Thema («Schauplatz zu Hause») und wird hier wieder aufgenommen und vertieft. Als drittes wird das vermutlich etwas anspruchsvollere Thema von Natur und Kultur sehr gut ausgehend vom Wimmelbild eingeführt.

Im Schauplatz «Flohmarkt» werden grundlegende Fragen der Identität und des Zusammenlebens gestellt. Zu der spannenden Frage, wem der Gewinn aus einem Verkauf zugutekommen soll, wird ein hervorragendes Arbeitsblatt mit Lösungen angeboten (AM 50.1). Das Arbeitsblatt zur Frage der persönlichen Werte – Was ist mir wichtig? – ist ebenfalls hervorragend, weil es durch geschickt ausgewählte Aussagen, zu denen man Stellung beziehen soll, das Denken und die anschliessende Diskussion anregt, da davon auszugehen ist, dass in einer Klasse unterschiedliche Urteile dazu vorhanden sind (AM 50.2).

Die Geschichte von Marco, bei dem «nichts läuft», nimmt eine wichtige Frage auf: Wie soll man damit umgehen, wenn man nicht erfolgreich ist in einem Bereich, der sozial wichtig und sichtbar ist? Und wie kann man erkennen und nachvollziehen, dass jemand in einer solchen Situation sich befindet? Gerade diese zweite Frage – und das gute Arbeitsblatt dazu (AM 54.3) – regt die Fähigkeit zur Empathie an und schult die Fähigkeit, andere zu verstehen.

Eine der Vertiefungen des nächsten Schauplatzes nimmt die für Eltern wichtige Frage auf, welche Regeln für das Spielen am Computer gelten sollen. Es ist eine sehr gute Idee, das Thema mit den Kindern anzusprechen und ihre Sicht darauf anzuhören und mit ihnen gemeinsam zu überlegen, was die Vorzüge verschiedener Arten von Spielen sind – genau darauf zielen die Fragen in den Kästchen ab (S. 61).

Fazit: Der Band für die 3./4. Klasse enthält Kapitel, die für den Einsatz im Ethikunterricht ganz unterschiedlich gut geeignet sind. Während einzelne Teile eher an der Oberfläche bleiben oder die kritische Diskussion vermissen lassen, bieten andere Fragen und Aussagen, auf deren Grundlage man gleich eine philosophische Diskussion lancieren kann, oder didaktisch hervorragend aufbereitete Materialien, die sich in der Form gleich einsetzen lassen. Die Materialien regen das Denken und andere Fähigkeiten wie der Empathie und des Verstehens an und schulen sie durch herausfordernde Aufgaben.

Literatur

Birnbacher, Dieter / Krohn, Dieter (Hrsg.) (2002): Das sokratische Gespräch, Stuttgart.
Kant, Immanuel (1784): Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? in: Berlinische Monatsschrift, H. 12, S. 481–494. Wiederabdruck in: Bahr, Erhard (Hrsg.) (1980): Was ist Aufklärung? Stuttgart. Und in: Kant, Immanuel (2017): Denken wagen, Stuttgart.
Pfeiffer, Matthias (2020): Schauplatz Ethik. Wahrnehmen – fragen – begründen. Ein erläuternder Kommentar, in: erg.ch – Materialien zum Fach Ethik, Religionen, Gemeinschaft (Online-Publikation), www.ethik-religionen-gemeinschaft.ch/pfeiffer-schauplatz-ethik/ (Zugriff am 18.08.2020).
Pfister, Jonas (2014): Fachdidaktik Philosophie, 2. Auflage, Bern/Stuttgart.
Zoller Morf, Eva (2010): Selber denken macht schlau, Bern.

Anmerkungen

[1] Eine Ausnahme bilden die Bücher für Kinder von Eva Zoller Morf, zuletzt Selber denken macht schlau (2010), das ihre früheren Bücher ersetzt und erweitert.
[2] Elektronischer Lehrerband, 002.lmvz.ch/ethik-3-4/uber-das-lehrmittel/willkommen-bei-schauplatz-ethik/ (Zugriff nur mit Lizenz).
[3] Kant 1784, S. 481.
[5] Siehe Birnbacher/Krohn 2002.
[6] Siehe zur Gesprächsführung die «Checkliste zur Diskussionsführung» in Pfister 2014, S. 145–151.
[7] So auch im erläuternden Kommentar von Matthias Pfeiffer 2020.
[8] Ebd.
Artikelnachweis
Pfister, Jonas (2020): Schauplatz Ethik. Wahrnehmen – fragen – begründen, Band 3|4. Ein neues Lehrmittel für den Ethikunterricht gemäss Lehrplan 21, in: erg.ch – Materialien zum Fach Ethik, Religionen, Gemeinschaft (Online-Publikation), www.ethik-religionen-gemeinschaft.ch/pfister-schauplatz-ethik-3-4/

Über Jonas Pfister

Dr. Jonas Pfister ist Lehrer für Philosophie am Gymnasium Neufeld in Bern. Er ist Autor von philosophischen Einführungen, Büchern und Fachartikeln zur Didaktik der Philosophie und Ethik. Bei «Schauplatz Ethik» hat er als externer Begutachter mitgewirkt.