Schauplatz Ethik. Wahrnehmen – fragen – begründen, Band 7–9
Ein neues Lehrmittel für den Ethikunterricht gemäss Lehrplan 21
Schauplatz Ethik. Wahrnehmen – fragen – begründen, Band 7–9, Lehrmittel für die 7.–9. Klasse, mit digitalem Kommentar und Klassenmaterial, Zürich 2020.
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Wer bislang deutschsprachige Materialien zum Philosophieren mit Kindern für den Zyklus 3 einsetzen wollte, musste sich hauptsächlich auf Schulbücher aus Deutschland stützen. Nun gibt es auch ein deutschsprachiges Schulbuch aus der Schweiz, das für die Schweiz entwickelt wurde. Der Lehrmittelverlag Zürich legt in Koordination mit der interkantonalen Lehrmittelzentrale ein neues, auf die ganze obligatorische Schulzeit angelegtes Ethik-Lehrmittel vor, den «Schauplatz Ethik». Es ist in vier Bänden auf die ganze obligatorische Schulzeit angelegt. Was bietet es? Erfüllt es die Anforderungen an ein modernes Schulbuch für den Ethikunterricht? Was sind die Vorzüge, und allenfalls auch, was sind die Schwächen?
Zunächst soll der «Schauplatz Ethik» allgemein kurz vorgestellt werden. Danach liegt der Fokus auf dem Band für die 7.–9. Klasse (3. Zyklus).
Allgemeines zu «Schauplatz Ethik»
Als Erstes fällt auf: Es ist ein schönes Buch! Ein Umschlag, auf dem sanft gezeichnete Bilder von Menschen und anderen Lebewesen zu sehen sind. Im Innern bietet ein grosszügiges Layout mit Bildern und kurzen Texten viel Raum für eigenes Denken.
Als Zweites fällt auf: Das Buch enthält jeweils als Kapiteleinstieg ein doppelseitiges Wimmelbild. Und da zeigt sich bereits das Konzept des «Schauplatzes»: Die Schauplatz-Wimmelbilder zeigen Dinge, auf die sich unser Blick richtet. Die Dinge sind in dem Fall Situationen, mehr oder weniger alltäglich, in denen wir uns als Menschen befinden können, insbesondere die Kinder und Jugendlichen. In den Wimmelbildern gibt es zunächst natürlich einiges zu entdecken. Sie bieten damit einen geeigneten Ausgangspunkt dafür, die Wahrnehmung zu schärfen und verbunden mit der Aufgabe, etwas genau zu beschreiben, auch dafür, die sprachliche Ausdrucksfähigkeit zu üben und weiterzuentwickeln. Daran schliessen sich fast wie von selbst Fragen an, die sich auf das richten mögen, was diese Menschen gerade tun, aus welchem Grund und mit welchem Ziel sie es tun, aber auch Fragen, die darüber hinaus ins Grundlegende und damit das Philosophische vordringen.
Nach der Doppelseite mit dem Wimmelbild folgt eine Doppelseite mit weiterführenden und zum Philosophieren anregenden Fragen. Unter «Philosophieren» wird hier eine «kulturelle Praxis des gemeinsamen und gründlichen Nachdenkens verstanden».[1] Man könnte ergänzen: es ist ein Nachdenken über Grundlegendes. Denn das ist, was letztlich Philosophieren ist, eine argumentative und begriffliche Auseinandersetzung mit den Grundlagen unseres Verständnisses von uns selbst und der Welt.
In erster Linie soll es beim «Schauplatz Ethik» um die Frage gehen: Was ist ein gutes Leben und wie kann man ein solches führen? Diese Frage hängt natürlich eng mit der ebenfalls zum Bereich der Ethik gehörenden und im Schulbuch behandelten Frage zusammen, wie wir mit anderen Menschen und anderen Lebewesen umgehen sollen. Und natürlich hängt sie auch mit weiteren philosophischen Fragen zusammen wie derjenigen, woher wir etwas wissen können, also auch wissen, was gut ist (Erkenntnistheorie), was einen Menschen wesentlich ausmacht (Philosophische Anthropologie) und was es überhaupt gibt (Metaphysik). Bei der Auseinandersetzung mit diesen Fragen geht es nicht darum und ist es auch kein Anliegen von «Schauplatz Ethik», den Schülerinnen und Schülern vorgefertigte Antworten zu geben. Vielmehr sollen sie dazu angeregt werden, Fragen zu stellen, Antworten zu suchen, diese zu begründen, die Begründungen zu prüfen und damit ihr eigenes Denken zu entwickeln. «Schauplatz Ethik» steht somit in der Tradition der Aufklärung, deren Ziel das eigenständige Denken ist. Oder wie Immanuel Kant sagt: Aufklärung ist der «Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit», und unter Unmündigkeit versteht Kant «das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen».[2] Es geht also darum, das Denken zu lernen.
Im Buch finden sich zu jedem Schauplatz mehrere Vertiefungen. Auf diesen Vertiefungsseiten wird weiteres Material angeboten (Bilder, Lehrtexte, Interviews, Zeitungsartikel, Zitate, usw.), mit dem man die mit dem Schauplatzbild aufgeworfenen Themen im Unterricht weiter bearbeiten kann. Zu den Vertiefungen gibt es umfangreiches Arbeitsmaterial, das online angeboten wird. Es lohnt sich, die Online-Lizenz zumindest für ein Jahr zu erwerben, damit man die Materialien anschauen, ausprobieren und danach angepasst auf den eigenen Unterricht weiterentwickeln kann.
In jedem Band gibt es zudem sogenannte «Ateliers», die Schülerinnen und Schülern anregen sollen, ein Thema eigenständig zu bearbeiten. Auf den letzten Seiten schliesslich findet sich der stufengerechte philosophische «Werkzeugkasten», d. h. Formulierungshilfen, um etwas a) zu beschreiben oder b) zu unterscheiden, um etwas c) zu begründen oder d) mit anderen darüber zu diskutieren oder e) sich eine Möglichkeit vorzustellen. In allen Bänden werden die philosophischen Impulsfragen nach diesen fünf Kategorien in farbigen Kästchen markiert.
Der Online-Lehrerband enthält zwei Abschnitte zur Vorbereitung des Philosophierens und zur Durchführung philosophischer Gespräche.[3] Das philosophische Gespräch ist ein wichtiger, wenn nicht der zentrale Teil des Ethikunterrichts. Hier kommt es zu der Auseinandersetzung mit anderen Ansichten, werden Widersprüche aufgedeckt und werden Behauptungen in Frage gestellt, hier werden Argumente ausprobiert, geprüft und allenfalls zurückgewiesen, und hier entstehen im Gedankenaustausch neue Fragen. Die Ausführungen dazu im Online-Lehrerband liefern lediglich eine grobe Charakterisierung eines philosophischen Gesprächs und geben nur einige allgemeine Hinweise zur Durchführung. Hier ist zu beachten, dass das Führen eines philosophischen Gesprächs (bzw. die Leitung eines (neo-) sokratischen Gesprächs[4]) anspruchsvoll ist. Es verlangt sowohl ein grosses Hintergrundwissen zum Thema (zu den Begriffen, Positionen und Argumenten) als auch Kenntnisse und Fähigkeiten der Gesprächsführung.[5] Es ist nicht die Aufgabe eines Lehrmittels, die Grundlagen dafür zu liefern; sie müssen im Rahmen des Studiums und der Ausbildung erarbeitet werden. Wichtig ist allerdings, dass man das im «Schauplatz Ethik» als dritten Schritt – nach dem Wahrnehmen und Fragen – bezeichnete Begründen[6] nicht bloss als Anfügen irgendeines noch so schlechten Grundes sieht, sondern als ein echtes gemeinsames Ringen darum, gute Gründe zu finden, und das heisst auch: schlechte Gründe zu erkennen und als solche aus- und für die Begründung der zur Diskussion stehenden These zurückzuweisen, nicht dadurch, dass man sagt, etwas sei falsch, sondern dass man aufzeigt, dass es falsch ist, so dass es die Schülerinnen und Schüler selber erkennen.
Kinder und Jugendliche verfügen wie Erwachsene bereits über mehr oder weniger differenzierte Werte, die ihnen mehr oder weniger bewusst sind, d. h. «die Moral ist schon da»; und es ist wichtig, dem Wahrnehmen davon, was für einen persönlich auf dem Spiel steht, Raum zu geben, sich bewusst zu machen, auszuformulieren, und sich mit anderen darüber auszutauschen.[7] Ebenso wichtig ist es aber, diese bestehende Moral auch herauszufordern und durch die Auseinandersetzung mit Einwänden weiterzuentwickeln. Denn es ist nicht so, dass wir in unserer Moral immer richtig liegen würden, und es ist auch nicht so, dass es für jede ethische Frage eine eindeutige Antwort gäbe. Vielmehr müssen Kinder und Jugendliche vieles erst lernen, und sie lernen dies in der Auseinandersetzung mit Gleichaltrigen und Erwachsenen – genau deshalb ist der Ethikunterricht auch so wichtig. Und sie müssen auch erkennen, dass sich ethische Fragen nicht einfach so beantworten lassen, sondern dass es darauf ankommt, wie man eine Situation beschreibt und wie man die Frage und die Antwort dazu formuliert. Und es kann sein, dass wir, wenn wir genau geklärt haben, was wir meinen, es dennoch unbestimmt bleibt, was wir nun tun sollen.
Eines der entscheidenden Hilfsmittel für die Weiterentwicklung der eigenen Moral ist sicherlich die Frage, wie man sich fühlen würde, wenn man an der Stelle des anderen wäre. Darüber hinaus bietet die Idee der gegenseitigen Abmachung eine Grundlage, der viele zustimmen würden: Wir halten uns an eine Regel, weil die anderen sich auch daran halten. Beides sind Überlegungen, die auch bereits Kinder nachvollziehen können. Sich es auch tatsächlich zu überlegen, erfordert unter Umständen einen Impuls von aussen, einen Impuls, den unter anderem die Lehrperson geben kann und manchmal geben muss.
Zu den Themen im Band für die 7.–9. Klasse
Im Band für die 7.–9. Klasse werden neun Schauplätze mit jeweils drei Vertiefungen vorgestellt. Damit man sich einen Überblick über die Themen machen kann, sind die Schauplätze hier zusammen mit den Vertiefungen in einer Liste zusammengestellt:
1. Einkaufszentrum
- Konsum
- Tiere als Nahrung
- Die 24-Stunden-Gesellschaft
2. Asylzentrum
- Grenzen
- Menschen in Not
- Zu Hause sein
3. Sportplatz
- Erfolg im Sport
- Das sportliche Wesen
- Sportlich und attraktiv
4. Spital
- Annäherungen an den Tod
- Organspende
- Gesundheit – ein wertvolles Gut
5. Festival
- Traditionen
- Kleider machen Leute
- Kunst regt zum Nachdenken an
6. Fussgängerzone
- Normalität
- Umgang mit Einschränkungen
- (Un-)Gleiche Chancen
7. Labor
- Umstrittene Tierversuche
- Wenn Maschinen Menschen ersetzen
- Den Menschen optimieren
8. Jugendtreff
- Freundschaft
- Geschlechterrollen
- Mehr als ein Gefühl
9. Gefängnis
- Normen und Recht
- Der Zweck von Strafen
- Menschenwürdige Strafen
Hinzu kommen Ateliers zur Freiwilligenarbeit («Voller Einsatz»), zu Carla del Ponte («Eine berühmte Persönlichkeit») und zu Werten für die Zukunft.
Auf die zahlreichen Bild- und Text-Inhalte und auf die umfangreichen Online-Materialien kann hier nicht im Detail eingegangen werden. Zu einzelnen Teilen möchte ich nun ein paar kritische Kommentare formulieren.
Im ersten Schwerpunkt des ersten Schauplatzes werden gute Materialien für eine philosophische Diskussion zum Zusammenhang von Konsum und Glück geboten. Die Idee, dass mehr Konsum zu mehr Glück führt, wird hier in Frage gestellt und bietet Anregung zum Nachdenken für die Schülerinnen und Schüler. Die zweite Vertiefung nimmt ein Thema auf (Umgang mit Tieren) das bereits im Band für die 3./4. Klasse («Schauplatz Tierheim») Thema war. Die Meinungsäusserungen im Schülerbuch (S. 10) sind ganz kurz gehalten und gehen in unterschiedlichste Richtungen. Die dazu gestellte Frage, über welche Aussage es interessant wäre zu diskutieren, bietet die Möglichkeit, dass die Schülerinnen und Schüler ihren eigenen Interessen nachgehen können. Zu beachten ist, dass man ihnen dabei Zeit geben muss, sich ein Wissen zu dem Hintergrund der entsprechenden Aussage zu erarbeiten. Das könnte mit vorbereiteten Materialien oder einer angeleiteten Recherche im Internet geschehen. Ohne das Wissen wäre eine Klassendiskussion vermutlich wenig fruchtbar. Eine andere Möglichkeit wird mit dem Arbeitsblatt «Tierethische Positionen» (AM 10.1) angeboten. Jede von diesen Positionen liefert die Grundlage für eine philosophische Diskussion. Zu beachten ist auch, dass im späteren Schauplatz «Labor» die Vertiefung «Umstrittene Tierversuche» das Thema des Umgangs mit Tieren noch einmal aufnimmt.
Mit dem Schauplatz «Asylzentrum» wird ein gesellschaftspolitisch wichtiges, brisantes und aktuelles Thema aufgenommen. Der Zugang dazu, der hier gewählt wurde, ist meines Erachtens sehr gut. Es wird nämlich über die Beschreibung und Erzählung der Geschichten von Individuen das Bewusstsein dafür erarbeitet, was es heisst, ein Land (und eine Kultur) zu verlassen und in ein neues zu ziehen. Vermutlich sind die Materialien auch hervorragende Ausgangspunkte, um in der Klasse sich gegenseitig die Geschichten zu erzählen, die die Schülerinnen und Schüler selbst oder deren Eltern oder Grosseltern erlebt haben. Auch die Seite derer, die fremde Menschen empfangen (müssen), wird sehr gut dargestellt und bietet eine Grundlage, um differenziert über gesellschaftliche Chancen und Risiken zu diskutieren, die sich dadurch ergeben.
In den beiden Schauplätzen «Sportplatz» und «Festival» werden Themen angesprochen, die für Jugendliche in dem Alter für ihre Identitätsfindung wichtig sind: Sport, körperliche Attraktivität, Musik und Festivals, Kleider. Die Materialien im Schülerbuch und online – z. B. zu Diogenes von Sinope (AM 50.2) – bieten gute Einstiege zu einer philosophischen Diskussion.
Die Schauplätze «Spital», «Fussgängerzone» und «Labor» nehmen ethisch kontroverse Themen auf, u. a. Organspende, Behinderungen und Tierversuche. Zu diesen Themen lassen sich gut philosophische Diskussionen führen. Bei der Vertiefung «Umstrittene Tierversuche» (S. 72–73) ist zu beachten, dass das Thema des Umgangs mit Tieren bereits im Schauplatz «Einkaufszentrum» (Tiere als Nahrung, S. 10–11) und im Band für die 3./4. Klasse («Schauplatz Tierheim») vorkommt.
Im «Schauplatz Jugendtreff», der eher einen historischen Ort und weniger eine aktuelle Realität für die Jugendlichen darstellt, werden Themen angesprochen, die nicht nur, aber besonders in dem Alter wichtig sind: Freundschaft, Geschlechterrollen, Liebe. Die Freundschaft war bereits im Band für die 1./2. Klasse («Schauplatz Schulzimmer») und im Band für die 3./4. Klasse («Schauplatz Schulweg») Thema, aber es ist sehr gut, dass es hier wieder aufgenommen wird, denn die Auffassung, was Freundschaft ist und sein soll, ändert sich gerade in dem Alter stark. Die Aussagen und Fragen dazu (S. 82–83) eignen sich vermutlich hervorragend, um mit den Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. Schade, dass die Gedanken von Aristoteles nur als Hintergrund für Lehrpersonen wiedergegeben werden und nicht als Originaltextauszüge für Schülerinnen und Schüler zur Verfügung stehen.
Auch die Geschlechterrollen, die in der nächsten Vertiefung (S. 84–85) angesprochen werden, sind ein wichtiges Thema in dem Alter. Die Materialien dazu im Schülerbuch bieten leider jedoch wenig Möglichkeiten der echten Vertiefung: Nur zwei Werbebilder und eine begriffliche Unterscheidung in Geschlecht im Sinne des biologischen und des gesellschaftlichen Geschlechts. Es fehlen Beispiele dafür, um die Definitionen anschaulich zu machen, es fehlt eine historische Einbettung – welche Geschlechterrollen waren in welchen Gesellschaften wann verbreitet? – und es fehlt auch eine ideengeschichtliche Einordnung, d. h. der Bezug zu den Vordenkerinnen und Vordenker der Frauenbewegung: Mary Wollstonecraft, Simone de Beauvoir, Iris von Roten, um nur einige zu nennen. Stattdessen wird eine zwar höchst spannende Persönlichkeit vorgestellt, Jane Goodall, die aber wenig mit aktuellen Geschlechterrollen zu tun hat – es gibt zum Glück mittlerweile viele Wissenschaftlerinnen! Die Leitfrage am Ende der Seite – Was unterscheidet Frauen und Männer? – konterkariert die auf der Seite davor eingeführte Unterscheidung in das biologische und soziale Geschlecht und und übergeht weitere Geschlechter – obwohl im Wimmelbild das Thema der Aufhebung der Geschlechterdifferenzierung bei Toiletten aufgenommen wird. Wird es Jugendliche geben, die die Frage selbst in Frage stellen? Zu hoffen ist es. Das Thema der Geschlechterrollen lässt sich also leider nicht mit dieser Vertiefung allein bearbeiten.
Der Fragenkatalog (AM 86.3) zum nächsten Thema, der Liebe, kann ein guter Einstieg sein, um mit Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. Eine gute Auswahl an Texten, die in einem weiteren Sinn philosophisch sind, kann eingesetzt werden, um das Verständnis des komplexen Phänomens zu vertiefen und zu erweitern. (Bemerkung: Aus der «Genesis» ist nur die eine Schöpfungsgeschichte abgedruckt. Es lohnt sich, die andere herbeizuziehen und zu vergleichen.)
Auffallend ist, wie wenig Texte – abgesehen von einigen Ausnahmen – im Band und in den Online-Materialien angeboten werden. Das ist schade, denn das Fach Ethik eignet sich hervorragend dazu, das genaue Lesen zu schulen. Wenn es in der 6. Klasse möglich ist, ein Gedicht von Rilke oder Auszüge aus Cervantes‘ «Don Quijote von der Mancha» zu lesen, dann müsste es auch in der 7.–9. Klasse möglich sein, etwas längere literarische und einfachere philosophische Texte zu lesen.
Fazit: Der Band für die 7.–9. Klasse nimmt viele Themen auf, die für Jugendliche in dem Alter emotional wichtig sind, insbesondere solche zur Identitätsfindung. Die Materialien bieten zum Teil sehr gute Ausgangspunkte für philosophische Diskussionen. Zum Teil werden dafür wichtige Hintergrundinformationen in geeigneter Form (auch im Online-Band) angeboten, zum Teil fehlen diese und es besteht die Gefahr, dass die Diskussionen gar nicht erst zu Grundlegendem vordringt oder oberflächlich bleiben. Schade ist, dass nicht mehr längere Texte literarischer und philosophischer Art in verschiedenen Textsorten zum Zuge kommen. Insgesamt bietet der Band sehr gute Einstiege in philosophische Diskussionen, die von der Lehrperson durch weitere Materialien ergänzt werden können, damit die Schülerinnen und Schüler sich ein vertieftes Hintergrundwissen zu den Themen aneignen und das Lesen längerer und anspruchsvoller Texte schulen – vor allem dann, wenn der Unterricht Teil einer gymnasialen Ausbildung ist oder darauf vorbereitet.