Drei Perspektiven


Im Fachbereich Ethik, Religionen, Gemeinschaft (ERG) unterscheidet Lehrplan 21 die drei Perspektiven

  • Ethik
  • Religionen
  • Gemeinschaft

und gibt entsprechend die folgenden didaktischen Hinweise (Lehrplan 21 – Natur, Mensch, Gesellschaft – Einleitende Kapitel, S. 14–16):

Ethik

Ethische Herausforderungen geben Anlass, über Erfahrungen, Werte und Normen nachzudenken. Vielfalt von Meinungen und Vorstellungen beruht einerseits auf in­di­vi­duellen Erfahrungen und Überzeugungen, anderseits auf kulturellen Tra­di­tionen und Errungenschaften. Differenzen können verunsichern, regen aber auch zu Fra­gen an, die oft nicht einheitlich oder abschliessend beantwortet werden können.

Sich eigener Werte bewusst werden

Im Nachdenken über Grunderfahrungen und Handlungsweisen lernen Schülerinnen und Schüler, sich ihrer Wertvorstellungen und Normen bewusst zu werden und sie zu denjenigen anderer in Beziehung zu setzen.

Kontroversität berücksichtigen

Kontroverse Einschätzungen geben dabei nicht nur Anlass zu Diskussionen; sie können auch berechtigte Ergebnisse von Lernprozessen darstellen. Gleichwohl sind grundlegende Wertkonzepte wie Gerechtigkeit, Freiheit, Solidarität, Menschenwürde in Bezug auf ethisch herausfordernde Situationen zu verdeutlichen und in deren Beurteilung einzubeziehen: Was heisst hier gerecht und ungerecht? Wer trägt hier Verantwortung und wie kann sie wahrgenommen werden? Werden Beteiligte in ihrer Würde geachtet oder verletzt?

Aktualitäten aufgreifen

Stufengemäss können Anlässe in der Umgebung, Medienberichte sowie öffentliche Debatten aufgegriffen werden.

Philosophieren – fokussieren und Sichtweisen erweitern

Nachdenklichkeit kann das Lernen auf jeder Stufe bereichern. Methoden des Philosophierens helfen, Themen zu fokussieren: Begriffe klären, Meinungen hinterfragen, Sachverhalte prüfen, gute Gründe finden, eigene Erfahrungen einbringen, Sichtweisen im Dialog erweitern. Analytische Zugänge können mit kreativen und kommunikativen Methoden ergänzt werden.

Die Lehrperson leitet mit ihrer nicht manipulativen Haltung zu offenen Gesprächen an, an denen alle Kinder teilnehmen können, und bringt grundlegende, anerkannte Wertkonzepte wie Gerechtigkeit, Freiheit, Solidarität, Menschenwürde ein.

Religionen

Mit den Religionen begegnen Schülerinnen und Schüler vertrauten und fremden Traditionen und Vorstellungen. Religiöse Vielfalt ist in der Gesellschaft nicht nur in verschiedenen Religionen begründet; sie zeigt sich vielmehr auch in individueller Einstellung und Praxis sowie Distanz zu Religion.

Glaubens- und Gewissensfreiheit respektieren

Der Unterricht über Religionen gehört zum obligatorischen Unterricht der Volksschule. Er ist daher zu gestalten, dass er von Schülerinnen und Schülern ungeachtet ihrer Religionszugehörigkeit oder Konfessionslosigkeit unter Respektierung der Glaubens- und Gewissensfreiheit im Sinne von Art. 15 der Bundesverfassung besucht werden kann. Es dürfen im Unterricht keine religiösen Handlungen vollzogen werden, und es darf keine religiöse Unterweisung stattfinden.

Grundlage und Ziel des Unterrichts ist eine unvoreingenommene, offene Haltung und ein nicht diskriminierender Umgang mit Religionen und Weltanschauungen. Deren Darstellungen sollen unparteiisch erfolgen und Beteiligte nicht festlegen oder zuschreibend vereinnahmen. Vergleiche zwischen verschiedenen Traditionen sind im Einzelfall dann sinnvoll, wenn sie Anknüpfungsmöglichkeiten an Kultur und Lebenswelt bieten (z. B. Fastenzeiten), Verbindungen aufzeigen (z. B. Ruhetag in Judentum und Christentum sowie in säkularer Gesellschaft), ohne dass sie mit Wertungen verbunden werden. Ein so gestalteter Unterricht ermöglicht es allen Schülerinnen und Schülern, sich ungeachtet ihrer Zugehörigkeit oder Distanz zu religiösen Traditionen und Überzeugungen am Unterricht zu beteiligen.

Schülerinnen und Schüler nicht vereinnahmen

Schülerinnen und Schüler sind aufgrund ihrer Herkunft, Erfahrung und Entwicklung beim Lernen über Religionen unterschiedlich herausgefordert. Es ist darauf zu achten, dass einzelne Schülerinnen und Schüler nicht vereinnahmt oder überfordert werden, indem sie zum Beispiel die Religion, der sie allenfalls angehören, als Experten vertreten oder erklären müssen. Was den einen bekannt, vertraut oder selbstverständlich ist, kann für andere befremdend und unbegreiflich sein.

Der Vollzug religiöser Handlungen hat im Unterricht keinen Platz. Die religiöse Erziehung bleibt den Erziehungsberechtigten und Religionsgemeinschaften überlassen.

Kultur erschliessen

Die Welt der Religionen ist den Schülerinnen und Schüler stufengemäss zu erschliessen, wie dies Umgebung, gesellschaftliches Umfeld und globale Horizonte erfordern. Religionen werden sichtbar in kulturellen Spuren, in der Vielfalt religiöser Praxis, in religiösen Vorstellungen und ihren Wirkungen in der Gesellschaft.

Grundkenntnisse christlicher Traditionen und Werte sind nicht nur für christlich sozialisierte Schülerinnen und Schüler, vielmehr gerade auch für solche ohne oder mit anderer Religionszugehörigkeit wichtig, um sich kompetent in Kultur und Gesellschaft zu orientieren.

Auf Begegnung und Dialog ausrichten

Im Unterricht steht nicht nur die je eigene Weltsicht, sondern auch das Verständnis gegenüber anderen Traditionen und Überzeugungen im Fokus. Auch wer sie nicht teilt, muss sie in einer demokratischen Gesellschaft respektieren. Der Unterricht trägt damit zur Religionsfreiheit bei. Mit Menschen unterschiedlicher Traditionen und Weltanschauungen zusammenzuleben, erfordert, ihnen mit Interesse und Offenheit zu begegnen. Auffassungen, die für die betreffenden Personen verbindlichen Anspruch haben, haben nicht generelle Geltung; sie können in der jeweiligen Religionsgemeinschaft eine Stimme unter anderen darstellen.

Die Lehrperson ist sich ihres eigenen weltanschaulichen Horizontes bewusst und leitet die Schülerinnen und Schüler transparent mit einer interessierten und respektvollen Haltung zu Erkundungen und Begegnungen an.

Gemeinschaft

Die Schülerinnen und Schüler werden herausgefordert, ihr Leben und Zusammenleben zu gestalten. Die Schule selber ist sowohl Erfahrungsraum als auch Übungsfeld dafür. Lebensfragen sind Herausforderungen für die Einzelnen und für das Leben in der Gemeinschaft. Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Individualisierung und Pluralisierung wird auch lebenskundliche Orientierung wichtiger.

Auf jeder Stufe ergeben sich Anlässe, um Lebensfragen anzusprechen und lebenskundliche Themen zu bearbeiten. Das Leben in der Schule bietet Gelegenheiten, Erfahrungen der Selbst- und Eigenständigkeit zu machen sowie initiativ und verantwortlich zur Gemeinschaft beizutragen.

Privatheit respektieren

Umgang mit Lebensfragen und Aspekten der Lebensgestaltung setzt in der Schule Respekt vor Privatheit (Individuum, Familie) voraus. Schülerinnen und Schüler sollen im Unterricht eigene Erfahrungen und Überzeugungen einbringen können, sie dürfen jedoch nicht dazu verpflichtet werden.

Die Lehrperson moderiert Reflexion und Austausch, vermittelt relevante Informationen und beteiligt die Lernenden an Aktivitäten der Klasse und am Schulleben.