Mit den Augen von Secondos
Der YouTube-Kanal «GERMANIA» erkundet Identitäten zwischen Migration und Integration
Die Fernsehanstalten ARD und ZDF betreiben mit dem zunächst irritierenden, jedoch augenzwinkernd gesellschaftskritisch gemeinten Label «GERMANIA» einen YouTube-Jugendkanal, der bekannte junge Künstler über ihre biographischen Erfahrungen und ihren Blick auf ihre Lebenswelten zu Wort kommen lässt – und das wöchentlich mit einer neuen Geschichte als Videoclip.
«GERMANIA zeichnet ein aktuelles Portrait von Deutschland – und das ausschliesslich durch die Augen von Menschen mit Migrationshintergrund. Sie sprechen über ihr Identitätsgefühl, deutsche Eigenheiten und Marotten. Das kann mal lustig und mal ernst sein und wird von den Machern hinter ‹Frag ein Klischee› produziert.»[1]
Der Rapper Yonii zum Beispiel, mit bürgerlichem Namen Yasin el Harrouk, 1991 in Stuttgart geboren, ist inzwischen ein arrivierter Schauspieler, der auch schon im «Tatort» gespielt hat. Populär ist er unter Jugendlichen jedoch vor allem als Rapper mit seinen Songs «Lampedusa», «Welt sehen», «Ziel Halal» usw.[2] Er spielte an der Volksbühne in Basel und machte selber Theater mit Kindern von Asylbewerbern. Als ehemaligem Hauptschüler mit schlechtem Zeugnis ist ihm der Einstieg in ein Künstlerleben geglückt. Er macht aus seiner Herkunft, seinem Glauben und seinen Lebenserfahrungen keinen Hehl. Mit seinen Songs und seiner Biographie hat er etwas zu sagen, sowohl denjenigen, die ihn durch seine Musik oder Fernsehauftritte kennen, aber auch Jugendlichen, die mit ihren Erfahrungen mit Migration und Inkulturation oder Integration umgehen müssen und wollen.
Germania bietet im Videoclip Yoniis Blick auf seine Lebenswelt, sein Leben und seine Umgebung, von ihm selber anekdotisch mit Charme und Witz erzählt.
Der Kanal «GERMANIA» hat einen klaren Ansatz: Die Beiträge sind authentisch und fragmentarisch, so dass die Betrachtenden involviert werden und man sich als Zuschauer nicht hinter Sacherklärungen eines Kommentators zurückziehen kann, sondern sich der Konfrontation aussetzen und sich eigenständig orientieren muss. Solche Begegnungen führen nicht zu blossen Informationen oder Richtigkeiten; vielmehr wird eine individuelle Erkundung und gemeinsame Auseinandersetzung möglich: Was kommt uns hier entgegen? Wie kann ich jemandem davon berichten? Was habe ich zum Gehörten zu sagen? Was habe ich Ähnliches auch schon gehört? Was habe ich an Erfahrungen dazu beizutragen? Was möchte ich der betreffenden Person schreiben bzw. ihr erzählen?
«Deutschland ist so vielfältig wie die Menschen, die hier leben: GERMANIA zeigt Identitäten zwischen Migration und Ankommen.»[3]
Das gilt nicht nur ebenso für die Schweiz; es entspricht einer didaktischen Intention des Faches «Religion und Kultur». In diesem Sinne warten wir auf ein Label «HELVETIA»![4]