Darstellungen des «Wesens des Christentums» haben seit Feuerbach und Harnack eine eigentümliche Tradition. Dienten diese einer kritischen oder apologetischen Orientierung einer gebildeten Leserschaft, ergibt sich spätestens seit dem in der Religionspädagogik vielbeschworenen «Traditionsabbruch» eine veränderte Situation, steht nun vor allem Vermittlung eines elementaren Grundwissens für Gebildete an. Klar ist, dass es nicht mehr um eine dogmatische Grundlegung oder katechetische Erläuterung gehen kann, welche bestimmte Kontexte (wie Milieus) entweder voraussetzt oder eben mögliche Kontexte ignoriert. Dass Taschenbücher als «Gesamtdarstellungen» meist reduktionistische Versuche sind, kann nicht erstaunen. Es bleibt jedoch ein legitimes Desiderat, Studierenden des Lehramts zugängliche und zweckdienliche Einführungen an die Hand zu geben, die sich weder auf ein historisches Kondensat noch eine bloss theologische Besinnung zurückziehen.

Eine prägnante, äusserst gut lesbare Darstellung war das längst vergriffene kleine Büchlein «Christentum» von Brian Wilson in einer Weltreligionen-Reihe des Herder Verlages zum Millenium, die sich auf eine pluralistische Situation bezog, ohne sich dahinter zu verstecken. Dagegen wirkten die bekannteren Bücher des deutschen Religionswissenschaftlers Peter Antes konzeptionell und inhaltlich eher hausbacken.

Nun ersetzt in der Reihe C. H. Beck Wissen ein Bändchen von Jörg Lauster die frühere Darstellung des Kirchenhistorikers Kurt Nowak. Hiessen die Stichworte im Untertitel von Kurt Nowak «Geschichte, Glaube, Ethik» lauten sie bei Jörg Lauster «Geschichte, Lebensformen, Kultur». Das mag zunächst wenig auffällig sein; die Veränderung ist jedoch bezeichnend. Nun liegt die Betonung nicht mehr auf der geschichtlichen Entwicklung und Herleitung, vielmehr auf einer erklärenden Erläuterung in einer kulturellen Sicht, die theologisch versiert und gewieft, aber nicht fachtheologisch beschränkt ist. Die Themen werden mal aus einer Distanz heraus betrachtet, dann wieder unverstellt erschlossen und frisch gedeutet und auf einen modernen Horizont bezogen. Historische Tiefe wird ansprechend, indem ihre Relevanz im Blick bleibt. Kulturwissenschaftlich gängige Kategorien werden aufgenommen: unter «Lebensformen» Innerlichkeit, Institution, Ritus, Kultur. Theologische Kompetenz steht hier im Dienst kulturwissenschaftlicher Betrachtung. Diese neue Kurzfassung in der Beck’schen Reihe Wissen scheint mir überzeugender als Lausters grosses, bereits in mehreren Auflagen erschienenes Werk «Die Verzauberung der Welt. Eine Kulturgeschichte des Christentums». Jedenfalls bietet das handliche, gut lesbare Taschenbüchlein für Lehramtsstudierende ohne grosse Vorkenntnisse eine geeignete Einführung zum Verständnis kultureller Gestaltungen im Bereich des Christentums.