Ein Bilderbuch zum Philosophieren: «Wazn Teez?» von Carson Ellis
Inhalt
An einem Frühlingstag entdecken zwei Libellen etwas Grünes, das aus dem Boden spriesst und sie sich nicht erklären können. «Wazn teez?», fragen sie. «Mi nanüt» lautet die Antwort. Auch viele andere Käfer und Insekten wundern sich über den interessanten Keimling. Schnell wird das kleine grüne Etwas zu einer grossen Pflanze, die viel grösser ist als all die kleinen Käfer. Um sich das wunderschöne Gewächs ganz genau anschauen zu können, brauchen sie eine «Sprossel» und viel anderes Gerät. Alle Krabbeltiere helfen mit: ein Marienkäfer, viele Ameisen, ein Tausendfüssler und zwei Kellerasseln etc. Sie bauen eine Art Baumhaus auf der hochgewachsenen Pflanze mit der schönen Blüte und geniessen den Sommer, bis sie von «Tizzi Schroxxler», einer grossen Spinne, und einem riesigen Vogel dabei gestört werden. Im Herbst geht die Pflanze langsam ein und schliesslich legt sich Schnee über das ganze Geschehen.
Die Geschichte, die in einer eigens erfundenen Fantasiesprache erzählt wird, führt einmal durch alle Jahreszeiten und begleitet die sympathischen Insekten dabei, wie sie dem Zyklus einer Pflanze, dem schönen «Freuenschuh», beiwohnen.
Sprache
- Eine an viele bekannte Wörter angelehnte, klangvolle Fantasiesprache, die sich Wort für Wort übersetzen lässt.
- Die Übersetzung vom Fantasie-Amerikanischen ins Fantasie-Deutsche ist sehr gelungen.
- Durch die sprechende Gestik der gezeichneten Krabbeltiere und die narrativen Bilder ist die Fantasiesprache sehr gut zu verstehen.
- Die Geschichte wird in direkter Fantasierede der Waldinsekten erzählt.
Bilder
- Die mit Wasserfarbe gemalten Bilder zeichnen sich durch liebevolle Details aus, die vor dem weissen Hintergrund gut zur Geltung kommen und so auch subtil durch alle vier Jahreszeiten führen.
- Die Handlung entsteht vorwiegend im Bild, mit Fokus auf die Mimik und Gestik der Insekten.
Themen
- Sprachphilosophie: Wie hängen Wörter und ihre Bedeutung zusammen?
- Kommunikation: Wie ist es möglich, dass wir einander verstehen können?
- Zeit: Woran sieht man, dass die Zeit vergeht?
- Werden und Vergehen: Wie gehen wir damit um, wenn nicht alles für immer existiert? Inwiefern gibt es Vergangenes und Zukünftiges schon in der Gegenwart?
Sätze zum Nachdenken
- «Wazn teez?»
- «Mi nanüt.»
- «Keksn allwiezi Izzi.»
Mögliche Aufgaben
- Perspektiven übernehmen: Was sagen die einzelnen Käfer? Was könnte für sie im jeweiligen Moment wichtig sein?
- über Sprachen sprechen: Habt ihr eine Fantasie- oder Geheimsprache? Wofür braucht ihr die? Und mit wem sprecht ihr sie?
- fantasieren und spekulieren: Die Fantasiesprache hält einige Wortschöpfungen bereit und bietet sich deswegen an, selbst neue Wörter zu erfinden, z. B. für gewisse Dinge, Empfindungen oder Ähnliches.
- über die deutsche Sprache nachdenken: Wie kommt es, dass wir diese Fantasiesprache trotzdem verstehen können? Wie werden diese Wörter gebildet? Gibt es Analogien zur deutschen Sprache?
- über Sprache nachdenken: Wie verändert sich die Bedeutung oder Wirkung der Sätze, wenn sie flüsternd, leise oder ganz laut oder mit anderen Betonungen vorgelesen werden?
- über Sprache und Bedeutung nachdenken: Wie hören sich bestimmte Wörter an? Kann von einem Wort auf seine Bedeutung geschlossen werden (z. B. Onomatopoetika wie «Kikeriki»)?
- über Kommunikation und Interaktion nachdenken: Meint ein Wort immer das, was ich sagen will? Woran liegt es, dass sich Menschen manchmal (nicht) verstehen?
- über Sprache und Bedeutung nachdenken: Zeichnet alle einen Baum / einen Hund / einen Tisch. Sieht das Gezeichnete bei allen gleich aus? Falls nicht, wie kann es sein, dass wir trotzdem verstehen, was andere meinen, wenn sie ein Wort brauchen?
- über Sprache nachdenken: Können alle Wörter in eine andere Sprache übersetzt werden? (besonders interessant, wenn es in der Klasse Kinder gibt, die auch andere Sprachen beherrschen)
- über Sprache nachdenken: Wie hängen ein Wort und seine Bedeutung zusammen? Kann ein Wort auch mehrere Dinge gleichzeitig bedeuten oder ein Ding mehrere Wörter haben?
- fantasieren und spekulieren: Gibt es Gefühle, für die es keine Wörter gibt (wie z. B. die Lust auf etwas ganz Bestimmtes, das es aber gar nicht gibt)?
- über Werden und Vergehen nachdenken: Aufgrund der detailreichen Bilder können die Jahreszeiten anhand der Veränderung der Pflanzen und Insekten nachvollzogen werden.
Hinweis
Das Bilderbuch eignet sich aufgrund der Fantasiesprache auch sehr gut dazu, sich Gedanken über den Aufbau der deutschen Sprache zu machen.
Ergänzend kann auch auf «Die Sprachstarken 2» (Gysin-Ronner, 2008: S.76) verwiesen werden, wo es ein Monster gibt, das nur erfundene Wörter frisst oder auch das Buch «Lost in Translation» von Ella Francis Sanders (2014), indem «unübersetzbare» Wörter dargestellt werden, die nur in einer bestimmten Sprache existieren. Auch der Filosofix-Film zur Frage „Woher weiss ich, was andere mir sagen wollen?“ bietet sich für die Behandlung sprachphilosophischer Themen an und ist unter folgendem Link abrufbar:
Artikelnachweis
Koch, Tamara (2024). Philosophieren mit Bilderbüchern: «Wazn Teez?», in: erg.ch – Materialien für das Fach Ethik, Religionen, Gemeinschaft (Online-Publikation), www.ethik-religionen-gemeinschaft.ch/tamara-koch-wazn-teez