Ein Bilderbuch zum Philosophieren: «Ludwig und das Nashorn» von Noemi Schneider und Golden Cosmos


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Ein Bilderbuch zum Philosophieren: «Ludwig und das Nashorn» von Noemi Schneider und Golden Cosmos

Buchcover: Schneider, Noemi/Golden Cosmos: Ludwig und das Nashorn, NordSüd Verlag, Zürich 2023
Schneider, Noemi/Golden Cosmos: Ludwig und das Nashorn, NordSüd Verlag, Zürich 2023

Von Tamara Koch

Inhalt

Ludwig sitzt im Schlafanzug in seinem Zimmer, neben ihm auf dem Bett ein Nashorn. Da kommt sein Vater herein und fragt Ludwig, mit wem er denn gesprochen hätte. «Mit einem Nashorn», sagt Ludwig. Doch der Vater sieht nirgends im Zimmer ein Nashorn. Er schaut überall nach und immer dort, wo es gerade nicht ist: im Schrank, unterm Bett und unter dem Schreibtisch. Soweit der Vater weiss, gibt es Nashörner nur im Zoo, und sowieso ist Ludwigs Kinderzimmer viel zu klein für ein Nashorn. Also gibt es kein Nashorn in Ludwigs Zimmer. Ludwig nimmt das Fernglas und stellt sich ans Fenster. Zusammen suchen sie den Mond, aber der ist gerade noch hinter dem Dach und deshalb nicht zu sehen. Obwohl der Mond gerade nicht zu sehen ist, weiss Ludwigs Vater, dass er da ist, weil er ihn schon tausendmal gesehen hat. Aber beweisen kann er das nicht. So wie er auch nicht beweisen kann, dass es in Ludwigs Zimmer kein Nashorn ist. Der Vater gibt Ludwig einen Gute-Nacht-Kuss und geht aus dem Zimmer. Dann wünschen sich auch Ludwig und das Nashorn, das neben seinem Bett auf dem Zimmerboden liegt, eine gute Nacht.

Das Bilderbuch beschäftigt sich in humorvoller und spielerischer Weise mit dem Disput zwischen den Philosophen Bertrand Russell und Ludwig Wittgenstein, ob bewiesen werden könne, dass etwas NICHT existiert.

Sprache

  • unkomplizierte, sich wiederholende Sätze mit einzelnen anspruchsvolleren Begriffen
  • Die Geschichte wird ausschliesslich durch direkte Rede des Vaters, Ludwigs und des Nashorns erzählt.
  • Im Anhang am Ende des Buches wird Wittgensteins Rätsel aufgerollt und kurz besprochen, was Philosophieren ist.
  • Die Geschichte selbst ist in relativ einfacher Sprache gehalten, der Nachtrag über das Philosophieren und Ludwig Wittgenstein (aus der Sicht des Nashorns geschrieben) ist dichter und komplexer.

Bilder

  • atmosphärische, kontrastreiche und siebdruckähnliche Illustrationen
  • Neondruck mit drei Farben
  • ausdrucksstarke Bilder mit wenig Text
  • viel Perspektivenwechsel durch abwechselnd schön gestaltete Doppelseiten, kleinere Bilder und verschiedene Blickwinkel

Themen

  • Erkenntnistheorie: Gibt es Dinge, die wir nicht wahrnehmen können? Kann ich beweisen, dass etwas NICHT da ist?
  • Erkenntnistheorie / Erfahrungswissen: Wenn etwas immer gleich war, bedeutet das, dass es jetzt auch noch so ist?
  • Wahrnehmung: Können wir darauf vertrauen, dass das, was wir sehen und wahrnehmen, auch wirklich so ist?
  • Freundschaft: Kann man auch mit einem Tier befreundet sein? Gibt es Fantasiefreund*innen?
  • Interaktion: Glaube ich anderen, wenn sie etwas sehen / von etwas erzählen / an etwas glauben, das ich nicht sehe?
  • Philosophie: Was bedeutet es, ein*e Philosoph*in zu sein und zu philosophieren?

Sätze zum Nachdenken

  • «Hier ist kein Nashorn! Das bildest du dir ein.»
  • «Ich sehe was, das du nicht siehst.»
  • «Ich habe den Mond schon tausendmal gesehen, und deshalb weiss ich, dass er heute auch da ist.»
  • «Kannst du beweisen, dass der Mond jetzt da ist?»
  • «Beweisen kann ich es nicht, aber ich weiss es.»
  • «Ich werde Philosoph!»

Mögliche Aufgaben

  • wahrnehmen: Aus welcher Perspektive wird die Geschichte erzählt?
  • wahrnehmen: Aus welchen Blickwinkeln sind die Bilder gemalt? Wohin wird der Blick gelenkt (Farbe, Perspektive, Grösse)?
  • die Geschichte verstehen: Ist das Nashorn wirklich da oder nicht? Was denkt ihr?
  • Perspektivenwechsel und Interaktion: Wie fühlt sich der Vater, der nach etwas sucht, das er nicht finden kann? Wie fühlt sich Ludwig, wenn sein Vater ihm nicht glaubt, dass da ein Nashorn in seinem Zimmer ist?
  • Pro und Contra abwägen: Was spricht dafür, dem Vater zu glauben, dass da kein Nashorn im Zimmer sein kann / dass der Mond da ist? Was für Gründe gibt es, Ludwig zu glauben?
  • Begriffe klären: Was bedeutet es, etwas zu beweisen? Was für verschiedene Beweise kenne ich?
  • über Begriffe nachdenken: Was bedeutet es, ein*e Philosoph*in zu sein? Was tun Philosoph*innen, das andere nicht tun? Können alle philosophieren?
  • über Wissen nachdenken und Begriffe klären: Wie kann ich wissen, ob es etwas gibt oder nicht? Lässt sich das beweisen?
  • über Wahrnehmung nachdenken: Gibt es alles, was ich sehe? Was für Dinge gibt es, die ich nicht sehen kann?
  • über Sprache nachdenken: Gibt es alles, worüber ich sprechen kann?
  • über Sprache nachdenken und zur Geschichte in Beziehung setzen: Was bedeutet es, wenn «ein Elefant im Raum» ist? Inwiefern hat das mit der Nashorn-Geschichte zu tun?
  • spekulieren und fantasieren: Wenn ihr Fantasiefreund*innen hättet, wie würden die aussehen?

 

Hinweis

Weil das Kinderbuch so ausserordentlich gestaltet ist, bietet es sich an, im Unterricht verschiedene Gestaltungsprinzipien auszuprobieren (z. B. Drei-Farben-Druck), Blickführung mit farblichen Highlights, Perspektiven etc.

In der Serie «Philosophieren mit Bilderbüchern» handelt auch der Textbeitrag von Laura Mercolli zum Buch «Das rote Ding» von Wahrnehmen und Wissen.

Artikelnachweis

Koch, Tamara (2024). Philosophieren mit Bilderbüchern: «Ludwig und das Nashorn» von Noemi Schneider, in: erg.ch – Materialien für das Fach Ethik, Religionen, Gemeinschaft (Online-Publikation), www.ethik-religionen-gemeinschaft.ch/tamara-koch-ludwig-und-das-nashorn


Über Tamara Koch

Tamara Koch war Leiterin der Fachstelle Philosophieren mit Kindern an der PH FHNW und promoviert nun an der Universität Basel zu mündlichen Argumentationskompetenzen von Schulkindern (SNF-Projekt KompAS).